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Gereizte Haut - Die Haut in Aufruhr

 

Was versteht man unter einer Reizung? In der Regel verbindet man damit im täglichen Leben eine unverhältnismäßig starke Reaktion auf einen kleinen und nichtigen Anlass. Was für den mentalen Bereich gilt, ist bei der Haut nicht anders. Hautreizungen, deren Ursachen und Behandlung sind das Thema des folgenden Beitrags.

 

Mentale Reizungen und Hautreizungen liegen dicht beieinander: Aufregung lässt die Haut erröten, die Hauttemperatur steigt, die Schweißproduktion wird angeregt und dicht unter der Hautoberfläche liegenden Nerven werden besonders empfindlich. Eine ganz normale Reaktion, die bekanntlich bei Stress und individueller Veranlagung bis hin zu unerwünschten Immunreaktionen (z. B. Neurodermitis) führen kann. Die Reaktion hält manchmal an, wenn der Auslöser schon lange nicht mehr vorhanden ist. Aufregung ist die Folge; es schließt sich der Kreis.
Es muss aber nicht immer gleich ein Extrem sein, um die Haut aus dem Gleichgewicht zu bringen. Manchmal sind Reizungen sogar beabsichtigt, wenn man z. B. an Fruchtsäure-Peeling, Mikrodermabrasion oder ähnliche Verfahren in der kosmetischen Praxis denkt, die die Regeneration der Haut anregen sollen. Auch das Bad in der Sonne führt zu einem Reiz, indem die Melaninproduktion angeregt wird. An diesem Beispiel wird deutlich, dass die Dosis ein entscheidender Punkt ist; d. h. wenn der äußere Reiz nicht mehr kompensiert werden kann, kommt es zum unerwünschten Erythem (Sonnenbrand). Das Fruchtsäure-Peeling kann bei zu langer Einwirkung oder zu hoher Konzentration eine Verätzung bewirken. Es gibt also eine Reihe physikalischer, chemischer und biologischer Faktoren, die bei Überdosierung Reizungen erzeugen können.

Wenn es reibt und zwickt

Neben dem Sonnenbrand, den man mit filmbildenden Wirkstoffen (z. B. Aloe), entzündungshemmenden Extrakten (z. B. Echinacea), D-Panthenol und Linolsäure- und Cholin-haltigen Liposomen recht gut behandeln kann, ist eine der häufigsten Ursachen von Hautreizungen eine ungeeignete Kleidung. Eng anliegende Kleidung erzeugt eine mechanische Reibung und Wundsein (vergleichbar mit einem Dauer-Peeling). Wenn dann noch durch ungenügende Wasserdampfdurchlässigkeit des Materials ein feuchtes Mikroklima entsteht, sind ideale Bedingungen für Hautquellungen und die Ansiedlung von Pilzen geschaffen: Die Hautbarriere wird geschädigt, Pilze können sich ungehindert ausbreiten. Die Genital-, Anal- und Fußbereiche sind dazu geradezu prädestiniert, da sie auch mechanisch (Sitzen, Gehen) stark beansprucht werden.
Eine Hilfe in kosmetischen Präparaten zu suchen, ist hier naturgemäß der falsche Ansatz. Im Gegenteil: Die vermeintlich notwendige Reinlichkeit und Hygiene verschlimmern die Lage meist weiter. Reinigungspräparate entfetten die Haut an den entscheidenden Stellen. Hier hilft auf Dauer nur eins: luftige Kleidung, fußgerechte Schuhe und so wenig tensidhaltige Reinigungspräparate wie möglich. Warmes Wasser ohne Zusätze als Reinigungsmedium kann die Probleme in relativ kurzer Zeit beheben, ist aber gewöhnungsbedürftig.
Das Risiko von allergischen Reaktionen, die sich von den hier beschriebenen Irritationen durch eine überschießende Immunantwort gegenüber von außen eindringenden Spuren von Imprägnierungen, Farbstoffkomponenten, Modeschmuck, Deodorant-Bioziden etc. unterscheiden, wird erheblich vermindert.
Bei einer gestörten Hautbarriere kann auch Schweiß zu einem Problem werden. Seine Verdunstung hinterlässt eine Salzkonzentration, die im Hinblick auf das Hautgewebe hypertonisch ist und so ein Ungleichgewicht des so genannten osmotischen Druckes erzeugt. Empfindliche Menschen reagieren darauf mit einem Juckreiz, der mit Kratzen und einer weiteren Verletzung der Hautbarriere beantwortet wird. Auch hier ist eine übertriebene Hygiene mit Reinigungspräparaten der falsche Weg.

Reizstoffe: Säuren, Basen & Co

Stärkere chemische Hautreizungen durch äußere Stoffe werden meist bewusst wahrgenommen. Beispiele sind Einwirkungen von Säuren, Laugen und Arbeitsstoffen. Sogar Dermatika, wie z. B. das bei Psoriasis eingesetzte Dithranol (Cignolin), können auf gesunder Haut heftige Reaktionen auslösen und zu langwierigen Dermatosen führen. In diesen Fällen wird man präventiv - wenn der Umgang nicht zu vermeiden ist - Hautschutzpräparate und Handschuhe anwenden und hinterher eine geeignete Pflegecreme anwenden.
Bei entzündlichen und juckenden Hautpartien haben sich Basiscremes mit Nachtkerzenöl und Harnstoff bewährt. Auch ein Extrakt aus dem Weihrauch (Boswellia sacra) soll helfen, das Hautgleichgewicht rasch wiederherzustellen. Aufgrund des harzig-klebrigen Charakters der Boswellia war eine praktische Anwendung bisher unmöglich - bis die Verkapselung in Nanopartikel gelang.
Viele Hautreizungen entstehen schleichend, insbesondere dann, wenn sie aus Barrierestörungen resultieren. Ursache ist das Ausschwemmen von Barrierebestandteilen durch oberflächenaktive Stoffe. Daher sind besonders Menschen betroffen, die im Haushalt und Gewerbe viel mit Wasser zu tun haben, das in geringen oder größeren Mengen reinigungsaktive Komponenten enthält: Krankenhauspersonal, Friseure, Kosmetikerinnen, Beschäftigte in metallverarbeitenden Betrieben und der Gebäudereinigung. Hier helfen präventiv barriereaktive Cremes und manchmal auch die Umstellung auf kalkarmes Wasser, da kalkreiches Wasser eine zusätzliche Schädigung verursacht.
Ein weiterer Grund für persistierende Hautreizungen können Lösungsmittel sein, die immer wieder in hoher Konzentration im Berufsalltag und im Haushalt auf die Haut gelangen und die Barriere schädigen. Dazu gehören auch Alkohol und Isopropanol, allerdings erst ab Konzentrationen von weit mehr als 20%. Ein hochprozentiges Rasierwasser ist also nicht unbedingt immer die beste Wahl bei einer sensiblen Haut.

Offene Türen & Tore für Keime

Biologisch bedingte Hautreizungen treten wie eingangs schon erwähnt durch Infektionen mit Keimen auf. Die gesunde Haut, die bekanntlich eine natürliche Besiedlung mit Keimen aufweist, hat damit eigentlich kein Problem, da die Barriere intakt ist und Keime nicht eindringen können. Wenn es doch passiert, so liegt es erfahrungsgemäß wiederum häufig am Medium Wasser. Nach einer Dusche oder einem Schwimmbadbesuch, aber auch beim Waschen der Hände wird die Haut, insbesondere an den Zehen- und Finger-Zwischenräumen, meist nicht sorgfältig getrocknet und gepflegt. Die Haut verbleibt so auch nach dem Bad noch lange in einem aufgequollenen und feuchten Zustand und bietet nun eine gute Angriffsfläche für pathogene Keime.
Eine höhere Anfälligkeit kann auch dann eintreten, wenn immunsuppressive Medikamente im Gebrauch sind oder eine anlage- oder krankheitsbedingte Immunschwäche vorliegt. In diesen Fällen sind emulgatorfreie Cremes zu empfehlen, die einen gleichen Aufbau wie die hauteigenen Barriereschichten haben.

Reizende Kosmetik

Abgesehen von Peelings, wie sie oben schon angesprochen wurden, gibt es während der kosmetischen Behandlung im Institut eine Reihe von Möglichkeiten, wo Hautreizungen in Form von Irritationen und Allergien auftreten können. Primär stehen hier natürlich immer die Inhaltsstoffe der verwendeten Präparate im Verdacht, wobei Unverträglichkeiten bei Extrakten, Konservierungsmitteln, Duftstoffen und UV-Filtern am häufigsten sind. Diese Stoffe lösen umso eher eine Reaktion aus, je ungehinderter sie die Haut nach innen passieren können. Mit anderen Worten: je mehr die Haut durch Peeling und andere Behandlungen ausgedünnt und geöffnet wird, umso mehr ist auf die Inhaltsstoffe der verwendeten Präparate zu achten. Konservierungsmittel und Co sind zwar explizit in der Kosmetikverordnung zugelassen - getestet sind sie jedoch nur für die intakte, gesunde Haut. Nach abrasiven Behandlungen ist es daher zweifellos besser, auf Präparate mit diesen Stoffen ganz zu verzichten.
Ergänzend sei auch noch einmal an die normalerweise außerhalb jeglichen Verdachts stehenden Vitamine erinnert. Vitamin A hat beispielsweise eine Irritationsschwelle, die nach einer Mikrodermabrasion naturgemäß viel niedriger als bei unbehandelter Haut ist.
Die intakte Hornschicht wirkt wie ein Reservoir und nimmt äußerlich applizierte Substanzen depotartig auf. Nach kosmetisch bedingter Abtragung eines Teils der Hornschicht ist die Depot-Kapazität aber deutlich geringer und die Haut kann durch nachfolgende Behandlungen schon einmal konzentrationsmäßig überfordert sein und entsprechend reagieren, ohne dass Problemstoffe im Spiel sind. Selbst NMF-Substanzen muss man vorsichtig dosieren, da sie bei hypertoner Applikation ähnlich wie eingetrockneter Schweiß (siehe oben) zu vorübergehendem Brennen und Hautrötungen führen können.
Eine Hautreizung während der Institutsbehandlung ist natürlich besonders unangenehm. Erfahrungsgemäß bringt das vorsichtige Betupfen der betroffenen Hautareale mit lauwarmem Wasser - gegebenenfalls mit einem Vitamin K-Zusatz - eine schnelle Besserung. Nachfolgend sollte auf eine weitere Behandlung mit Wirkstoffen möglichst verzichtet werden und eine reizfreie Basispflege aufgetragen werden. Bei tendenziell trockener Haut und Empfindlichkeiten gegenüber hypertonen Wasserphasen ist auch ein gut einziehendes Oleogel (wasserfrei) als Schlusspflege denkbar.

Empfindliche Haut

Bei von vornherein erkennbarer empfindlicher Haut muss das Repertoire der kosmetischen Behandlung entsprechend angepasst werden. Bei den Wirkstoffen sind dann beispielsweise Aloe, CM-Glucan, Hyaluronsäure, Vitamin E, Vitamin K, Avocado-Öl, D-Panthenol und Phosphatidylcholin (Liposomen, Nanopartikel) und hautähnliche Basiscremes zu verwenden. Abrasive Verfahren sollte man eher meiden. Auch die Anwendung reiner Öle (Ayurveda-Prinzip) kann die Behandlung bereichern. Bei einer ausklingenden ärztlichen Corticoid-Behandlung kann Weihrauch-Extrakt hilfreich sein und die Vermeidung von Rezidiven unterstützen.
Um noch einmal auf das eingangs erwähnte Sonnen-Erythem zurückzukommen: Während und nach der Behandlung von Hyperpigmentierungen, z. B. mit Tyrosinase-Hemmern, reagiert die Haut empfindlicher auf UV-Strahlen, da der natürliche Schutz durch Melanin weitgehend fehlt. Bei dieser Behandlung ist daher schützende Kleidung und ein wirksames Sonnenschutzpräparat unerlässlich. Abschließend ist festzustellen: Bei der Auswahl eines kosmetischen Präparates ist dessen Qualität ein wichtiges, aber bei weitem nicht das einzige Kriterium. Wenn das Produkt nicht zur individuellen Haut und zum Behandlungsablauf passt, sind unerwünschte Effekte vorprogrammiert. Daher sind in der kosmetischen Praxis eine gute Ausbildung, exakte Hautdiagnose und angepasste Behandlungen die besten Voraussetzungen, um Hautreizungen zu vermeiden.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Kosmetische Praxis
2005 (6), 16-18

 
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