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Nitrosamine in Kosmetika - Haut in Gefahr?

 

Seit einiger Zeit kursieren wieder Meldungen durch Presse und Rundfunk, dass in vielen Kosmetika karzinogene Nitrosamine enthalten sind. Hintergrund sind Stichproben einzelner Landesuntersuchungsämter und die Veröffentlichung der Messergebnisse. Ein altes Problem mit neuer Aktualität? Was es damit auf sich hat, erläutert der folgende Kurzartikel.

 

Was sind Nitrosamine, wo entstehen Sie? Sekundäre Amine reagieren mit Nitrit insbesondere bei pH-Werten unter 7, d. h. im sauren Milieu, zu Nitrosaminen. Die Hauptquelle von sekundären Aminen war lange Zeit die synthetisch bedingte Verunreinigung von Triethanolamin mit Diethanolamin. Triethanolamin kommt in Kosmetika sehr häufig als Neutralisationsmittel für anionische Emulgatoren und Konsistenzmittel vor. Aus Diethanolamin kann sich mit Nitrit das N-Nitrosodiethanolamin, kurz: NDELA, bilden. NDELA spielt allerdings nach Verschärfung der Grenzwerte für Nitrosamine und sekundäre Amine (Kosmetikrichtlinie) heute praktisch keine Rolle mehr für in Europa hergestellte Kosmetika. Bis auf Ausnahmen dürfte das Problem eher bei importierten Kosmetika bestehen.

Wo stecken die Nitrosamine?

Da die Analytik der Untersuchungsbehörden in der Regel nach wie vor auf NDELA fixiert ist, können allerdings Nitrosamine aus anderen sekundären Aminen durch das Netz rutschen. Typische Beispiele sind N-methylierte Aminosäuren wie N-Methylglycin ("Sarcosin"), natürlich vorkommende sekundäre Amine aus Pflanzenextrakten und Verunreinigungen aus organischen Farbstoffen. Nitritquellen sind die Konservierungsmittel: 5-Brom-5-nitro-1.3-dioxan und 2-Brom-2-nitro-1.3-propandiol, die vor allem im Bereich der Hautreinigungsmittel (Shampoos etc.) verwendet werden, sowie das in Autoabgasen enthaltende oder bei elektrischen Entladungen (Gewitter, Hochspannungsleitungen etc.) aus Stickstoff und Sauerstoff entstehende Stickstoffdioxid NO2, das übrigens chemisch gesehen ein Radikal ist. Bei den genannten Konservierungsmitteln wird lt. europäischer Kosmetikrichtlinie vorgegeben, dass eine Nitrosaminbildung im Produkt vermieden werden muss. Wenn ein entsprechend konservierungsmittelhaltiges Produkt und eines, das sekundäre Amine enthält, hintereinander auf die Haut kommen, können sich Nitrosamine allerdings auch erst auf der Haut bilden.
Bis heute gibt es allerdings keine harten Daten, ob auf die Haut applizierte Produkte mit Nitrosamin-Verunreinigungen in der Praxis für eine Krebsentstehung relevant sind. Die Erfahrungen beschränken sich bisher auf inhalierte (siehe Zigarettenrauch) und intestinal, durch Nitritpökelsalz und sekundäre Amine aus Gemüse und anderen Nahrungsbestandteilen gebildete Nitrosamine. Die im Magen unter dem Einfluss der Salzsäure (niedriger pH!) entstehende Konzentration von Nitrosaminen liegt beim Genuss von Lebensmitteln um Zehnerpotenzen höher als bei Kosmetika und ist somit wirklich von Bedeutung, umso mehr, da die Nitrosamine sofort resorbiert werden. Es können sich Magen-Darm-Karzinome und abhängig von der chemischen Struktur der Nitrosamine ganz spezifische Organtumoren bilden.

Hilft Vitamin C?

Die teilweise sogar von Behörden, z. B. vom Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, in Umlauf gesetzten Meldungen, dass Zusätze von Vitamin C und Vitamin E, z. B. in Lebensmitteln, das Risiko der Bildung von Nitrosaminen reduzieren, sind schlichtweg Unsinn. Tatsache ist, dass Nitrit von den Vitaminen zu Stickstoffmonoxid NO reduziert werden kann. NO wird jedoch von Luftsauerstoff spontan wieder zu NO2 aufoxidiert und der Kreislauf beginnt von neuem, bis die Vitamine verbraucht sind. Firmeninterne Untersuchungen mit Kühlschmiermitteln im gewerblichen Bereich - bei einer mit Kosmetika vergleichbaren Problematik der Hautkontamination - haben sogar gezeigt, dass Antioxidantien die Konzentrationen von NDELA ansteigen lassen können.

So kann man sich schützen

Das Thema ist also im Detail sehr komplex und beunruhigt naturgemäß vor allem die Verbraucher. Wie kann man sich schützen? Da sekundäre Amine und Nitrit alias NO2 ubiquitär vorkommen, also auch Bestandteil unserer natürlichen Umwelt sind, kann es objektiv gesehen keinen 100%igen Schutz geben. Man kann hinsichtlich der Kosmetika jedoch darauf achten, dass die oben genannten Komponenten nicht in den Rezepturen enthalten sind. Andererseits dürfte das Risiko selbst bei kontaminierten Hautreinigungsmitteln vernachlässigbar sein, da sie nicht auf der Haut verbleiben. Ein weiterer Trost: für den menschlichen Organismus ist das Problem nicht neu, da auch in ihm selbst sekundäre Amine vorhanden sind. Die Haut schützt sich diesbezüglich durch den NMF (Natural Moisturizing Factor). Dieser enthält nämlich vor allem Aminosäuren, die man chemisch zu den primären Aminen zählen kann. Diese reagieren auch mit NO2, sie vernichten das Molekül dabei jedoch: es entsteht harmloser Stickstoff. (s. Kosmetische Praxis 2006 (2), 12-14).

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Kosmetische Praxis
2006 (6),14-15

 
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