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Hautschutz für Hände starker Männer

 

Die Akzeptanz für Hautschutz und Hautpflege insbesondere bei Tätigkeiten in Feuchtbereichen (z. B. Metallindustrie, Bauindustrie, Friseure) und dort, wo Öle eingesetzt werden (z. B. Mineralölindustrie, Automobilindustrie, Maschinenbau) ist sehr gering. Gerade in diesen Bereichen, in denen keine ausgesprochen ätzenden und akut reizenden oder sensibilisierenden Arbeitsstoffe, sondern mehr "alltägliche" Stoffe verwendet werden, gibt es die höchste Zahl an Hauterkrankungen, wie die Statistiken der Berufsgenossenschaften belegen (1).

 

Zu den "alltäglichen" Stoffen gehören Kühlschmierstoffemulsionen, die zur Metallbearbeitung eingesetzt werden. Was bei den Hausfrauen die "Hausfrauenhände" sind, sind in den Betrieben die Hände der "starken Männer". In beiden Fällen werden die Barriereschichten der Haut chronisch gestört und reagieren mit erhöhter Rauhigkeit, Rissigkeit und Abnutzungsekzemen. Äußere Noxen wie sensibilisierende Stoffe, Keime oder deren Stoffwechselprodukte, aber auch Mikrospäne können wesentlich besser in die Haut eindringen und dort zu allergischen Kontaktekzemen und Infektionen führen (2,3). In der kürzlich erschienenen TRGS 531 "Gefährdung der Haut durch Arbeiten im feuchten Milieu (Feuchtarbeit)"(4) wird explizit darauf hingewiesen, dass "der längeranhaltende oder ständig wiederholte Kontakt mit Wasser, insbesondere bei gleichzeitiger Einwirkung von Wasch- und Reinigungsmitteln, Desinfektionsmitteln, Lösungsmitteln, Alkalien und Säuren zur Schädigung der epidermalen Barriere und der darunter gelegenen Hautschichten führt".
Zu einem optimalen Hautschutz sind geeignete Schutzpräparate und möglichst hautverträgliche Arbeitsstoffe (5,6) notwendig.

Neues Hautschutz-Konzept

Zu einem Hautschutz-Konzept gehört neben dem Schutz immer die Pflege, d. h. Pflegeformulierungen, die in der Lage sind, Barriereschichten wiederherzustellen, ohne den Erneuerungsprozeß der Haut zu stören. Dabei geht es generell um Präparate, die eine Barriereaffinität besitzen und die Barriere wiederherstellen können. Alternativ wird auch der Weg einer "zweiten Schutzschicht" (okklusives Prinzip) beschritten. Ähnlich wie der Handschuh führt dieses Prinzip allerdings im allgemeinen zu einer vermehrten endogenen Quellung und einer verminderten Regenerationsfähigkeit der Haut (7).
Es ist wünschenswert, die natürliche Barriere zu stabilisieren. Messtechnisch übersetzt bedeutet die Stabilisierung der Barriere die Aufrechterhaltung des "normalen" transepidermalen Wasserverlustes (TEWL), auch bei Kontakt mit Arbeitsstoffen. Ein weiterer Messparameter ist die Hautfeuchte. Die Hautfeuchte sollte ebenfalls auf einem stabilen Niveau verharren.

Hautschutzstoffe

Die Zusammensetzung des Sebums (8) bietet gegenüber einem Arbeitsstoff wie der Kühlschmierstoffemulsion so gut wie keinen Schutz. Fettsäuren, Cholesterin und Ceramide der natürlichen Barriereschichten (9,10) sind resistenter, werden aber aufgrund der emulgatorischen Eigenschaften und des pH von 8-9, der häufig an eine sehr hohe Pufferkapazität gekoppelt ist, letztendlich auch angegriffen.
Ceramide sind für ihre sehr hohe Barrierewirkung bekannt. Sie bilden mit anderen Barrierestoffen in vitro Liposome (11). Liposome haben die gleiche Bilayerstruktur wie die Barrieredoppelschichten. Im Umkehrschluss sind Stoffe, die befähigt sind, Bilayer zu bilden, eine gute Voraussetzung für Hautschutzformulierungen.
Phosphatidylcholin (PC) ist der Hauptbestandteil der Plasmamembranen. Gesättigtes PC (Abb. 1) hat sehr ähnliche physikalische Eigenschaften wie die Ceramide, aber den Vorteil, leichter in die Haut penetriert werden zu können.

Abbildung 1: Gesättigtes Phosphatidylcholin (m, n = 14,16)

CH2-O-CO-(CH2)m-CH3
I
CH-O-CO-(CH2)n-CH3
I                                         
CH2-O-PO2-O-CH2-CH2-N(CH3)3

Gesättigtes PC wird zweckmäßig in Form fertiger Basiscremes eingesetzt (12). Die DMS-Basiscremes (DMS = Derma Membrane Structure) entsprechen dem Konzept einer "hautähnlichen Zusammensetzung". Eine qualitative Rahmen-Zusammensetzung ist in der Tabelle 1 dargestellt.

Tabelle 1: Rahmen-Zusammensetzung von DMS-Basiscremes

Hornschicht DMS-Basiscremes Bemerkungen
Glyceride Triglyceride die Haut enthält ein Gemisch von Di- und Triglyceriden
Cholesterin Phytosterine Bestandteil von Neurodermitis-Cremes
Squalen Squalan Squalan ist weniger oxidationsempfindlich als Squalen
Fettsäuren nicht enthalten gesättigtes PC enthält Palmitinsäure und Stearinsäure
PC gesättigtes PC gesättigtes PC zeichnet sich auch bei sensibler Haut durch eine hervorragende Verträglichkeit aus (13,14)

Hautschutz- und Hautpflegeformulierungen

Gesättigtes PC bzw. DMS-Basiscremes als Komponenten in neuen Hautschutzformulierungen bieten sehr gute Voraussetzungen für die Stabilisierung und Wiederherstellung der Barriere. Messungen des TEWL, der Hautfeuchte, der Hautglättung in einem Versuchsdesign, das dem betrieblichen Alltag angepasst wurde, bestätigen bei der Einwirkung von Kühlschmierstoffen den gewünschten barrierestabilisierenden Effekt (15). Die Formulierungen kommen ohne Silikone und hochmolekulare Mineralölprodukte wie Vaseline aus; die genannten Stoffe bilden in der metallverarbeitenden Industrie störende Abdrücke beim Anfassen der Werkstücke.

Ergänzende Meßergebnisse der Basiscremes

Messungen an reinen DMS®-Basiscremes im Vergleich zu qualitativ sehr guten konventionellen Pflegecremes zeigen deutlich, dass die Erhöhung der Hautfeuchte und die Hautglättung auch nach Absetzen der Behandlung noch über einen Zeitraum von 72 h deutlich festzustellen sind. Dies deutet ebenfalls auf eine hohe Barriereaffinität und einen vergleichsweise geringen "Wash-out"-Effekt hin.

Multifunktionalität der Hautschutz-Rezepturen

Hautschutz stellt die Summe von Einzelfunktionen einer Rezeptur dar (Tab. 2):

Tabelle 2: Multifunktionalität der Hautschutz-Rezepturen

Funktion Effekt
Penetration Vermeidung fettender Oberflächenfilme auf der Haut
Transportvehikel Aufnahme von Wirkstoffen hydrophiler und lipophiler Natur
Barriere-Kompatibilität Stabilisierung des "normalen" TEWL
Corneocyten-Affinität Haftung an biologischen Oberflächen. Minimierung des "Wash-out"-Effekts
Hilfsstoff Emulsionsstabilisierung ohne Hautbelastung
Niedrige CMC der Komponenten Eine niedrige kritische Micellenkonzentration (CMC) ist die Voraussetzung für eine hohe Verträglichkeit
Wirkstoffeffekte Erhöhung der Hautfeuchte, Hautglättung, Entzündungshemmung
Konditionierung Einstellung der Hornschicht auf einen lipophilen oder hydrophilen Angriff von äußerlich einwirkenden Stoffen
Verteilung Gute Verteilbarkeit ist eine wichtige Voraussetzung für die Akzeptanz

Rahmenbedingung im betrieblichen Bereich ist die Ablehnung von Konservierungsmitteln und Duftstoffen seitens der Anwender, der Gewerbeärzte und der Berufsgenossenschaften.
Allerdings bietet keine Hautschutz-Rezeptur Garantie für den Schutz gegen alle Arbeitsstoffe. Auch der Zusatz von adstringierenden Stoffen und mikrofeinen Feststoffen schützt nicht vor lösemittelhaltigen Arbeitsstoffen. Hier helfen nur die Änderung des Arbeitsprozesses, Maschinenkapselung oder undurchlässige Handschuhe mit den bekannten Nachteilen. 

Hautschutz in der Zukunft

Es ist sinnvoll, ähnliche Hautschutz-Konzepte auch bei Präparaten für den Privatgebrauch zu verwenden; "Hautcremes" sollen ja die Haut ebenfalls gegen die Einflüsse der Umwelt schützen. Darüber hinaus können auch Sonnenschutzmittel durch Additivierung von DMS-Basiscremes mit UV-Filtern realisiert werden. Dabei erweist sich die hohe Wasserresistenz als Vorteil. Ein interessanter Einsatzbereich barriereaktiver Formulierungen ist auch die Dermatologie, wo es darum geht, krankhaft gestörte Barrieren präventiv zu schützen oder wiederherzustellen.
Zu guter Letzt sollte neben einer Optimierung des Hautschutzes und der Hautpflege sowie der ständigen Weiterentwicklung der Arbeitsstoffe ein wesentlicher Punkt nicht fehlen, nämlich der sachgerechte Umgang mit den Hautschutzpräparaten. Auch hier kann in Zukunft durch entsprechende Schulung noch einiges verbessert werden.

Literatur

  1. ZH 1/467 "Hautschutz in Metallbetrieben", AG der Metallberufsgenossenschaften, Carl Heymanns Verlag KG, Köln
  2. BIA-Report 7/96 "Kühlschmierstoffe" des Hauptverbands der gewerblichen Berufsgenossenschaften, St. Augustin
  3. H. J. Schwanitz und S. M. John, T&E Dermatologie KOMPAKT Berufsdermatosen, November, Dezember 1997, 3-5
  4. Technische Regel für Gefahrstoffe, TRGS 531, Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, 1997
  5. H. Lautenschläger, Mineralöltechnik 6, 1996
  6. H. Lautenschläger, H. P. Nissen und W. Wieland, Arbeitsmed.Sozialmed. Umweltmed. 33 (12), 474-479 (1997)
  7. K. R. Feingold, Cosmetics & Toiletries 112 (7), 49-59 (1997)
  8. Kosmetik, Herausgeber W. Umbach, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1995, Seite 31
  9. Kosmetik, Herausgeber W. Umbach, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1995, Seite 27
  10. G. Grubauer, P. M. Elias und K. R. Feingold, J. Lipid Res. 30, 323-333 (1989)
  11. P. W. Wertz, W. Abraham, L. Landmann und D. T. Downing, Journal of Investigative Dermatology 1986, 582- 584
  12. G. Kutz, Pharmazeutische Zeitung 142, 4015-4019 (1997)
  13. G. Kutz, P. Biehl, M. Waldmann-Laue, B. Jackwerth, SÖFW-Journal 123 (3), 145-150 (1997)
  14. CIR-Report "Lecithin and Hydrogenated Lecithin", 1996
  15. H. Lautenschläger, Mineralöltechnik 5, 1998
Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Pharm. Ztg.
144 (13), 1038-1040 (1999) 

 
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